Gedenkrede anlässlich des Volkstrauertages unserer Vorsitzenden

Zu unserer Gedenkstunde am heutigen Volkstrauertag heiße ich Euch / Sie herzlich willkommen.

 

Der Monat November ist traditionell dem Gedenken an die Toten gewidmet. Es gibt deshalb die stillen Feiertage Allerheiligen, den Totensonntag und den heutigen Volkstrauertag.

 

Der Volkstrauertag bedeutet herkömmlich das Gedenken und die Erinnerung an alle Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft in Deutschland und in der ganzen Welt. Auch über 100 Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkrieges und über 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, gilt es, die Erinnerung an die von hier ausgegangenen Kriege und ihre Folgen für die Welt wach zu halten.

 

Um die Erinnerung an unsere Geschichte wach zu halten, haben wir bereits am vergangenen Montag mit vielen jungen Menschen an die Reichspogromnacht erinnert. Wir haben damit der sechs Millionen jüdischen Mitmenschen gedacht die während der Naziherrschaft in Deutschland ermordet wurden.

Die Erinnerung daran ist wichtig, denn wir können nur in Verantwortung vor unserer Geschichte eine gemeinsame Zukunft gestalten.

 

Ich bin überzeugt: Dieser Blick zurück ist wichtig, um das Heute verantwortungsvoll und friedlich miteinander zu gestalten. Der Philosoph Karl Jaspers hat einmal gesagt: ,,Die Vergangenheit beleuchtet das Gegenwärtige.‘‘ Das sind weise Worte. Ich verstehe sie so, dass wir das Erbe unserer Geschichte annehmen und es als Wegweiser in die Zukunft begreifen sollten.

 

Die beiden Weltkriege und die menschenverachtende Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten liegen inzwischen Jahrzehnte zurück. Aber ihre Schatten sind lang. Die Spuren, die sie hinterlassen haben, prägen noch heute viele Familien-auch hier bei uns in Stahnsdorf, Güterfelde, Kienwerder, Schenkenhorst und Sputendorf. In den Erzählungen von Verlust und Todesgefahr, von Flucht und Vertreibung sind die Schrecknisse auch nach so langer Zeit noch präsent, wie ich aus persönlichen Erzählungen weiß.

 

Verdun: Ein Ort, der wie kein anderer für die Gräuel des Ersten Weltkriegs steht. Hunderttausende deutsche wie französische Soldaten ließen 1916 auf den blutgetränkten Feldern ihr Leben-in einem monatelangen und letztlich ergebnislosen Stellungskrieg. Verdun ist damit zum Inbegriff der Sinnlosigkeit bewaffneter Auseinandersetzungen geworden. Zugleich ist dieser Ort heute ein Symbol für die Überwindung von Feindschaft zwischen den Völkern und der Aussöhnung über den Gräbern. Die Botschaft lautet: Frieden ist möglich, selbst wenn beide Seiten einander unermessliches Leid zugefügt haben.

 

Neben der Erinnerung ist der Blick auf die Gegenwart gerade heute aus aktuellem Anlass unausweichlich.

 

Auch wenn hier bei uns in Deutschland und in weiten Teilen Europas (Gott sei Dank) seit über 70 Jahre Frieden herrscht: Die Welt im Jahr 2020 ist alles andere als ein friedlicher Ort.

 

Im Gegenteil: Tod und Terror sind mehr denn je bittere Realität.

 

Wir sind in Gedanken bei den Menschen und deren Angehörigen die durch Terroranschläge verstorben sind, bzw. einen geliebten Menschen vermissen. Sie brauchen unseren Zuspruch und unsere Solidarität.

 

Deshalb trauern wir am heutigen Volkstrauertag auch um die Opfer des Terrors. Es ist ein Angriff auf die Freiheit. Wir müssen uns diesem Terror mit unserer Demokratie, unserer Rechtsstaatlichkeit unserer Freiheit entgegenstellen. Doch wie sicher ist Europa oder Deutschland noch? Die Gewalttaten mit islamistischem Hintergrund, die wir erleben mussten und die Anschläge haben unsere Gesellschaft ins Mark getroffen. Radikale Islamisten wollen Angst und Schrecken verbreiten, Hass schüren und uns ihren ,,Heiligen‘‘ Krieg aufzwingen. Wir erfahren plötzlich schmerzhaft, dass unsere freiheitlich-abendländische Wertegemeinschaft angreifbar und verletzlich ist.

 

Wir gedenken heute vielen Millionen Menschen, die durch Krieg und Terror in diesem letzten Jahrhundert ihr Leben verloren haben.

 

Ebenso gedenken wir mit Trauer der Soldatinnen und Soldaten und deren Eisatzkräfte der Bundeswehr die in neuerer Zeit im aktiven Einsatz für unsere freiheitlich, demokratische Grundordnung ums Leben gekommen sind.

 

Die aktuelle Situation zeigt uns ja, dass wir keinen Frieden auf der Welt haben. Die Welt ist nicht zur Ruhe gekommen!

 

Wir bewahren den Opfern vor allem dann ein ehrendes Gedenken, wenn wir uns die Lehren, die Europa aus den Katastrophen des 20. Jahrhunderts gezogen hat, immer wieder bewusst machen.

 

Wir verneigen uns in Trauer vor ihnen.

 

Wir bleiben ihnen verbunden in der dauerhaften Verpflichtung für Frieden, Freiheit, Demokratie, und Menschlichkeit unter der Beachtung unserer christlichen Werte. Unser Leben steht im Zeichen der Hoffnung auf Versöhnung unter den Menschen und Völkern. Unsere Verantwortung gilt dem Frieden unter den Menschen zu Hause und in der ganzen Welt.

 

Ich danke für die Aufmerksamkeit und bitte nunmehr durch eine Schweigeminute diejenigen zu ehren und zu würdigen, die ihr Leben für uns verlohen haben.

 

Hoffen wir, dass irgendwann aus dem Volkstrauertag ein Volksfriedenstag werden wird.

 

 

Ihre, Ines Schröder-Blohm